E-Commerce und „E-motionen“
Emotionen sind im E-Commerce wichtig
18. August 2022

Inhaltsverzeichnis

von Giovanna Franken

Emotionen sind eine zentrale Erscheinung in unserem Leben, weil sie meist mit persönlich relevanten Ereignissen verknüpft sind. Betrachten Sie einmal den Handel, wird ein komplexes Gefüge zwischen unserer Gefühlswelt und dem Verkauf von Produkten sichtbar. Emotionen beeinflussen unsere Kaufentscheidung.

Gleiches funktioniert aber auch in die umgekehrte Richtung, denn eine Kaufentscheidung bewirkt wiederum Freude, Erleichterung oder gar ein schlechtes Gewissen. Interessant sind jedoch vor allem die Einflussfaktoren im Außen. In dem Moment, in dem Sie einen Verkaufsraum betreten, sind Sie beeinflusst. Oder vielleicht sogar schon davor?

Der Aufbau der Website

Gerade in Zeiten, in denen wir täglich Kontakt mit „Influencern“ haben, sollten wir das doch wirklich nicht außer Acht lassen, während wir uns in Folgendem mit dem E-Commerce und dem (online) Handel um unsere Emotionen auseinandersetzen. Wir werden versuchen zu verstehen, welche Emotionen besonders interessant für den Internethandel sind, wie unsere „Feelings“ zu richtigen Verkaufstreibern werden und wie das übergeordnete Ziel des optimierten Verkaufserlebnisses strategisch verfolgt wird.

1. Emotionen

„Emotion ist ein seltsames Wort. Fast jeder denkt, er versteht, was es bedeutet, bis er versucht es zu definieren. Dann behauptet praktisch niemand mehr es zu verstehen“ (Wegner et al. 1962, zitiert nach Schmidt-Atzert 1996, S. 18).

Besonders aufgrund der Schwierigkeit in der Definitionsfindung steht die Emotionsforschung vor großen Herausforderungen. Es herrscht häufig Uneinigkeit und es existieren sich gegenseitig ausschließende Definitionen. Doch unabhängig davon ist, dass Empfindungen, Gefühle und Stimmungen ganz entscheidende Parameter unseres Verhaltens im Online-Geschäft sind. Das ist nicht nur logisch, geschweige denn allgemeiner Konsens, sondern auch durch zahlreiche Studien belegt (vgl. Bagozzi, Gopinath, Nyer, 1998, Huang, 2001, Thomson et al. 2005, Carlson et al. 2007). Dennoch können Lücken im Forschungsfeld auch durch die Übertragung auf das Online-Marketing festgestellt werden. Es fehlte beispielsweise lange ein professionelles und einheitliches Tool für Marketingmanager, wie etwa ein Werte- oder Emotionsmanagementverfahren. Die Expression eines Erlebnisses charakterisiert das Konstrukt der Emotionen und das, was Onlineshopping schaffen will, sind letztlich Verkaufserlebnisse. Da muss doch also eine wichtige Verbindung sein.

2. Feelings und Handelsforschung

Mit dieser Verbindung setzt sich die Handelsforschung auseinander. Handelsforschung fokussierte sich zunächst eher auf die Frage nach der Nutzung und der Nutzungsoptimierung. Der Professor für Wirtschaftspsychologie Gunnar Mau stellte schon in den 1980er Jahren fest, dass es einen Faktor gibt, der besonders großen Einfluss auf unser Kaufverhalten hat. Es ist die Atmosphäre, damals natürlich auf ein physisches Geschäft bezogen, die s.g. „store atmosphere“ (Kotler 1973, S. 48). Dadurch veränderte er die Forschungsrichtung maßgeblich, sodass sich Forscher seither interessiert mit den Zusammenhängen vom Design der Verkaufsräume und dem Konsumentenerleben auseinandersetzen. Letztlich wird nicht nur die Ladengestaltung mehr wahrgenommen. Auch wissenschaftliche Ergebnisse können inzwischen auf die Branche des E-Commerce übertragen werden. Dadurch wurde es auch möglich einige sehr relevante Aspekte ausfindig zu machen, die zwar nicht vollständig erklären, wie Sie Ihre Kaufentscheidungen treffen, aber zumindest Erklärungsansätze bieten, wie „E-motionen“ gesteuert werden:

Wenn das Gefühl von Knappheit entsteht, fühlen wir uns unter Druck gesetzt und tendieren zum schnelleren Kauf (Knappheitseffekt).

Wir setzen auf „social Proof“, so schaffen z. B. Bewertungen das Gefühl von Gemeinschaft.

Das Gefühl von Vertrautheit, wodurch Sie Bekanntes bevorzugen. Ähnlich wirkt auch das psychologische Phänomen der kognitiven Verzerrung (Halo-Effekt).

Sie haben das Gefühl, eine Obrigkeit, einen absoluten Experten vor sich zu haben, vielleicht durch Anzug und Krawatte oder einen Arztkittel? Dies ist der Autoritätseffekt. Er spricht zudem unser Vertrauen an.

Das Gefühl jemandem etwas schuldig zu sein, beispielsweise nach dem Erhalt eines Werbegeschenkes (Tit for Tat-Effekt).

Sie haben eine Sonderstellung inne? Das Gefühl von Exklusivität ist uns allen bekannt und besonders willkommen.

Wir empfinden 15 Euro für Imprägnierspray als günstig im Verhältnis zu den 180 Euro Schuhen im Warenkorb. Preis-Leistungs-Verhältnis oder auch Relativitätseffekt nennt sich dieser Effekt und macht sich das Cross-Selling zu Nutze.

3. Erschreckend...

Es werden nicht nur positive Gefühle und Stimmungen künstlich hervorgerufen. Das Marketing, ob online oder offline, spielt mit unserer Sensibilität und schreckt weder vor Ängsten, Druck noch vor dem Ausnutzen des erlernten sozialen Habitus zurück, wie etwa beim „Halo-Effekt“. Hier schließen wir von bekannten Eigenschaften eines Menschen, etwa Attraktivität, auf unbekannte Eigenschaften, wie z. B. Kompetenz. Dasselbe ist Ihnen sicher auch schon widerfahren, indem Sie ein weiteres Produkt erwerben, weil es von Ihrer Lieblingsmarke ist. Denken Sie einmal nach, wissen Sie wirklich um die Qualität dieses Produktes, oder wurden Sie beeinflusst?

Auch der Knappheitseffekt funktioniert großartig, wie etwa bei dem Reiseportal booking. com, das Sie immerzu auf die Restverfügbarkeit und die Anzahl weiterer Interessenten hinweist, die zeitgleich mit Ihnen suchen.

Anhand dieser Auswahl sehen Sie genau, dass die „Influencer“ nicht nur auf Social Media zu finden sind. Doch vor allem, weil die Konsumenten laut einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) auf Online-Shopping-Tour wandelt, ist das Potenzial für das Marketing scheinbar unendlich.

Hier stellen sich nun neue Fragen, denn der wesentliche Unterschied zwischen dem realen Verkaufsraum und einem Onlineshop besteht darin, dass zweiterer keinen vollständigen Zugriff auf alle unsere Sinne hat. Sinne sind nun mal die Empfänger der emotionsauslösenden Reize. Was im Geschäft die Sensorik ist, muss daher im E-Commerce an anderer Stelle ausgebaut werden, um die Käufer emotional abzuholen.

4. Welche Sinne werden im Internet Geschäft angesprochen und wie wird das gemacht?

Es ist gar nicht so schwer zu beantworten, denn sicher haben Sie schon einmal davon gehört. Ist einer Ihrer Sinne eingeschränkt, scheint ein anderer automatisch besser zu funktionieren. Daraus schließt das Online-Marketing vor allem auf visuelle Reize zu setzen, um die Suchanfragen der potenziellen Kundin oder des Kunden bestmöglich zu beantworten. Eine ästhetische Ausgestaltung des virtuellen Verkaufsraumes ist besonders wirksam durch Bilder von sympathischen Menschen, Tieren, Lebewesen und Lebenswelten, durch die den Konsumenten ein Ideenkontext vorgelebt wird. Hier auf die soeben genannten Effekte zurückgegriffen. Ein herausragendes Beispiel für die Nutzung eines Effektes ist die Parfümerie Douglas, die den Exklusivitätseffekt durch Rabatte und Bonusprogramme sowie einer reichen Auswahl, perfektioniert hat. Ebenso das Kleidungslabel H&M, das Sie fragt, ob Sie schon Member sind und damit auf Ihren Status aufmerksam macht.

Speziell bei mittelständischen Unternehmen und Dienstleistern ist der Wortlaut einer Website interessant. Dort werden Sie auf Formulierungen treffen, wie etwa „Wir sind der richtige Ansprechpartner“ oder „Umformung ist unsere Passion“ gerne auch „Wir sind Ihr Team für Gartenbau“. Der Gebrauch des Personalpronomens „wir“ suggeriert zum einen das Gefühl von Gemeinschaft. Sowohl die Gemeinschaft seitens des Unternehmens als auch, dass der Kunde mit in die bestehende Gemeinschaft aufgenommen wird. Zum anderen kann auch in Ihrem Kunden Vertrauen geweckt werden, indem Sie ihm sich und Ihre eigenen Kompetenzen vorstellen „Wir sind Elektrotechnikprofis aus Ihrer Nachbarschaft“. Empfindungen wie Vertrautheit und Gemeinschaft sind gerade in der Branche des Handwerkes und des kleineren Dienstleisters zentral, denn diese tangiert häufig den privaten Sektor.

5. Auch hier wird mit visuellen Reizen gearbeitet!

Nicht nur Bilder vom „Malermeister Ihres Vertrauens“ oder einem glücklichen Kind, das durch den soeben gejäteten Garten rennt, lösen Emotionen aus. Auch das farbliche Design der Website, die in der Regel auf die Farbwahl des Unternehmens(logos) abgestimmt ist, hat Auswirkungen auf die BesucherInnen. Farben kommunizieren mit unserer emotionalen Ebene, wobei rot als Farbe der Leidenschaft und weiß der Reinheit nur die Grundkenntnisse der Farbenlehre sind. Blau als maskuline Farbe wird Ihrer Website Stabilität und Verantwortlichkeit verleihen und grün Assoziationen mit der Umwelt und der Natur sowie Finanzen und Wachstum auslösen. Ganz unabhängig vom jeweiligen Unternehmen kreieren Farben Atmosphäre und sind für das Marketing essenziell.

Dennoch ist auffällig, dass trotz direkter Ansprache der Emotionalität die virtuellen Verkaufsräume meist sehr nüchtern ausfallen. Das liegt daran, dass E-Commerce besonderen Wert auf große Auswahl legt, die auf einer realen Fläche nicht möglich wäre. Eine Reizüberflutung soll hierbei bewusst vermieden werden. Unser Empfinden ist im E-Commerce meist besonders positiv beeinflusst, denn Auswahl, Flexibilität und Komfort verleihen uns neben Vertrautheit das Gefühl von Gemeinschaft, einer Sonderstellung, Entscheidungsfreiheit und Geborgenheit.

6. Fazit

Onlinegeschäfte sprechen unsere emotionale Ebene genauso an wie die „store-atmosphere“ im realen Leben. Emotionale Beeinflussung geschieht durch das Hervorrufen von negativen und positiven Gefühlszuständen. Allerdings können nicht alle Sinne erfasst werden, weshalb besonders auf die ästhetische Ausgestaltung geachtet wird. Es sollen:

  • durch Kontexte (Bilder, Videos und Farben) Erlebnisse nachempfunden werden
  • Entscheidungsfreiheiten suggeriert werden, die nur online möglich sind
  • keine idealisierten, unerreichbaren Lebenswelten dargestellt, sondern das Gefühl von Identifikation produziert werden
  • Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit vermittelt werden
  • Exklusivität und Sonderstellung als besondere Werte des E-Commerce verstanden werden

Unser Tipp für Ihr Onlinegeschäft:

Nutzen Sie die Möglichkeit des Multi-Channels und seien Sie zudem sowohl über Ihre kundenorientierte Website als auch über Social Media verfügbar, denn gerade dort baut sich soziales Feedback und Ihr Image auf.

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Jonas Montag
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Bastian Broekmans
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